3. Juni 2019

Al-Quds-Demo?

Einige Freunde fragen uns, warum ein paar Sympathisanten und Freunde des Jugendwiderstand an der Al-Quds-Demonstration auf dem Kudamm teilgenommen haben…

Nun, es gibt verschiedene Gründe dafür.

Zunächst: Wenn die gesamte bürgerliche Presse und Politik in trauter Eintracht über alle vermeintlichen weltanschaulichen Gräben hinweg gegen eine Demo der Migranten-Communitys, vor allem des Iran und des Libanon, wettern und tagelang von Verbot und dem „größten antisemitischen Aufmarsch Deutschlands“ schwadronieren, während in der selben Stadt vor ein paar Monaten tausende Neonazis uniformiert und ungestört den Hitler-Stellvertreter Hess ehren durften, dann sollte man doch hellhörig werden.

So viel Hetze weckt natürlich Interesse. Also wollten sich die Sympathisanten die Demonstration und Gegendemonstration einmal angucken gehen und ein eigenes Bild machen, nicht unbedingt direkt teilnehmen. Außerdem riefen die linken und säkularen „Demokratischen Komitees Palästinas“ dazu auf, ein weiteres Pro-Argument. Libanesische Freunde waren ebenfalls vor Ort und auch persischstämmige Genossen aus linkem Elternhaus rieten dazu. Die Entscheidung ob man direkt teilnimmt oder auf dem Bürgersteig läuft, nahm den Sympathisanten dann aber die Berliner Polizei ab, als sie sie in die Demo drängte.

Dort demonstrierten über 1.200 Menschen, diverse Muslime verschiedener Nationalität, die meisten Schiiten. Aber auch andere Muslime, Christen, Juden und Atheisten nahmen gemeinsam und offen daran teil. Wir suchten – teilweise zusammen mit den Demoordnern – leider erfolglos, nach dem NPD-U-Boot Uwe Meenen, der zeitweilig zur Provokation an der Migranten-Demo teilnahm, während er sonst stets fremdenfeindlich und rassistisch agiert.


Es ergaben sich einige gute Gespräche, und auch wenn die Ideologie der übermotivierten schiitischen Konvertiten um die Veranstalter der Quds-AG religiös ist, merkt man auch an den Teilnehmern der Demo, das sie dabei vor allem auf die „guten“ Aspekte Khomeinis und seiner Auslegung des schiitischen Islam zentrieren, auf den vermeintlichen Antiimperialismus und Antizionismus und den Kampf gegen Rassismus, Ungerechtigkeiten und Unterdrückung, gegen Kolonialismus und Krieg. Das sind die Gründe warum die Leute an dieser Demo teilnehmen – nicht „Hass auf Juden“.

Neben den Fahnen des Iran, Palästinas, Libanons, Syriens und der BRD sowie Bildern des Ayatollah waren die Schilder und Transparente der Demonstration deswegen geprägt von Slogans gegen Rassismus, mit Chavez-Konterfeis, für Frieden, gegen Apartheid, gegen ISIS und den reaktionären Terrorismus, für eine Welt ohne Grenzen und Mauern, gegen die Inhaftierung von Kindern und militärische Aggressionen Israels, gegen die Kriegsdrohungen und das imperialistische Säbelgerassel der USA gegen das iranische und venezuelanische Volk und andere Länder, gegen den völkermörderischen und totgeschwiegenen Krieg in Jemen, deutsche Waffenexporte, etc. Allesamt demokratische und legitime Parolen und Forderungen. Immer wieder schallte auch „Judenhass ist eine Schande!“ als Sprechchor über den Kudamm, und unterstrich die Ausrichtung der Demo gegen Israel aber eben auch gegen Antisemitismus.

Bei all dem denken wir dialektisch genug um zu wissen, dass damals bei der iranischen Revolution gegen den yankeegestützten Völkermörder-Schah die Falschen gewonnen haben. Zu dieser Zeit noch hofiert und gepusht von Teilen der westlichen bürgerlichen Presse und der imperialistischen Staaten, als das „kleinere Übel“ im Angesicht einer möglichen sozialistischen Machtergreifung. Das seitdem das Blut der iranischen Kommunisten und linken Revolutionäre, der Fedajin-Guerilla und der Volksmudschahedin, die dem Schah-Regime den Todesstoß versetzten, an den Händen der schließlichen Gewinner klebt. Und auch das Blut der Genossen der Sarbedaran, bei ihrem heldenhaften Aufstand von Amol 1982. Und wie das Regime weiterhin mit gerechten Volksrevolten umgeht oder wie junge kurdische Patrioten teilweise am Strick enden. Auch der Iran braucht eine neudemokratische Revolution. Aber keine orangene Fake-Revolution als Regime-Change gegen die Interessen des Volkes, keine imperialistische Einmischung und schon gar keinen Angriff der imperialistischen Supermacht USA, des Hauptfeinds der Völker der Welt. Und das ist international momentan der Hauptaspekt.

Gerade in den letzten Wochen wird das Säbelrasseln der kriegstreiberischen Yankeeregierung immer lauter, offen und offensiv wird sich auf den nächsten Destabilisierungs- und Angriffskrieg in der Region eingeschworen. Truppen werden in den zahllosen Yankeestützpunkten um den Iran zusammengezogen und schärfste Sanktionen verhindern selbst die Einfuhr lebenswichtiger Medikamente und Lebensmittel. Währenddessen hat Trump-Amerika im Eiltempo Waffenlieferungen im Wert von 800 Milliarden (!) Dollar an Saudi-Arabien und andere Schurken-Lakaien der Yankees in der Nähe des Iran beschlossen. Dazu kann es nur ein Fazit geben: Hände weg vom Iran – nieder mit der imperialistischen Aggression!

Vor allem die vergangenen Verbrechen der iranischen Führung gegen die Revolutionäre und Teile der Volksmassen sind den Massen die auf die Quds-Demos gehen nicht wirklich bewusst. Sie beziehen sich explizit nur auf die positiven Aspekte Khomeinis und des Quds-Tages, den Kampf gegen Ungerechtigkeiten und Tyrannei, für Muslime und Nicht-Muslime. Und darum bleiben ihre Forderungen legitim und es spricht nichts dagegen sie in diesen Anliegen zu unterstützen und zu diskutieren.

Fakt ist: Auf jeder größeren bürgerlichen Kundgebung gegen einen Naziaufmarsch steht man mit mehr Reaktionären, Volksfeinden und (Berufs-)Verbrechern zusammen, als auf der Quds-Demo.

Und so war es auch bei den Gegendemos gegen die Quds-Demonstration. Über AfD-Sympathisanten, den Botschafter des Netanyahu-Regimes und den steuerfinanzierten grünen Christal-Meth-Freund Volker Beck, den Innensenator und Ben Salomo bis hin zu sich für linksradikal haltenden Punkerkindern war alles dabei.

„Solidarität mit den feministischen Kämpfen im Iran“ steht auf einem Hochtransparent und direkt darunter wird ein übergroßes TRUMP-Banner präsentiert. Das selbe Bild ein wenig weiter, Linksjugend-Banner gegen „Religiösen Wahn“ neben wahnsinnigen Leuten mit Trump-Masken, Kippa und USA-Fahne, IDF-Logos neben Linkspartei-Fahnen, die Ausländer-Demo mit „Nie wieder Deutschland!“-anschreiende deutsche Zeckenkinder direkt neben dem Innensenator.

Den im Neuen Deutschland an die Quds-Demo postulierten Vorwurf einer „riesige[n] Querfront von ganz Rechts […] bis hin zu vermeintlichen Linken“ kann man an dieser Stelle nur zurückgeben.

Und obwohl der “Antisemitismus“-Beauftragte der Bundesregierung dazu aufrief, ganz Deutschland solle wegen der Qudsdemo am Kudamm Kippa tragen und die Springerpresse die dazu passenden hässlichen Papierkippas zum Selber-Basteln lieferte (eine super nette Geste, während man auf die Selber-Bastel-Hijab der BILD angesichts der zahllosen heftigen Vorkommnisse gegen muslimische Frauen irgendwie vergebens wartet), obwohl alle Parteien und Zeitungen bis hin zu vermeintlichen “Antifas“ zu Protesten gegen die Demo aufriefen und neue Superlative für den harmlosen Spaziergang auf dem Kudamm erfanden, waren es trotzdem auch in diesem Jahr weniger Gegendemonstranten als Teilnehmer der Quds-Demo.

So viel zum Einheitsbrei der Hetze gegen diese Veranstaltung und einen etwas nüchterneren Blick auf das Ganze. Abschließend zitieren wir uns noch einmal selbst, zur Frage der Haltung der Revolutionäre zur Religion:

„Wir stehen als Kommunisten ganz in der Tradition Lenins gegen Judenhass und alle anderen nationalen und religiösen Chauvinismen, wir verteidigen die Einheit der Völker gegen nationale Unterdrückung, Spaltung und Rassismus und auch die Freiheit zu glauben – oder eben nicht zu glauben – für Angehörige aller Religionen.“

„[…] ist der Islam in der BRD eine unterdrückte Religion und die Muslime haben das Recht sich zu wehren und zu kämpfen. […] getreu unserer Geschichte (muslimische Verbände in den Roten Armeen China sund Sowjetrusslands, schiitisch-sozialistische Begräbniszeremonien durch Genosse Stalin, orthodoxer Glaube im Großen vaterländischen Krieg – gute aktuelle Beispiele auch die Arbeit der philippinischen Genossen mit gläubigen Menschen, z. B. die illegale Massenorganisation Christians for National Liberation und die Moro-Muslime auf Mindanao und die taktische Einheitsfron mit der BIFF) berücksichtigen wir in der der Massenarbeit auch die religiösen Gefühle der Massen.“ 




Die Fotos sind von der offiziellen Website der Al-Quds-Demo: http://www.qudstag.de/