Im Mai diesen Jahres stimmte der
Bundesrat einer Verordnung der Bundesregierung zu, das sogenannte
„erhöhte Beförderungsentgelt“, also die Strafe für das Fahren
ohne gültigen Fahrschein um 50 % von bisher 40 auf 60 Euro zu
erhöhen.
Im Juli ist diese Verordnung nun mit
der wahnwitzigen Begründung in Kraft getreten, dass seit der letzten
Erhöhung vor 12 Jahren neben Preisen und Tarifen für die
Personenbeförderung auch Löhne und Gehälter gestiegen sind und
davon auszugehen ist, dass die bisherigen 40 Euro die Leute nicht
mehr ausreichend davon abhalten, sich keinen überteuerten Fahrschein
zu kaufen um von A nach B zu kommen.
Wer die Leidtragenden dieser Verordnung
sind, ist völlig klar – es sind diejenigen, die sich die andauernd
steigenden Ticketpreise (in den letzten zehn Jahren mehr als 25
Prozent bundesweit, 2004 kostete Berlin AB noch 2 €) schlichtweg
nicht leisten können, da eben nicht der Lohn der Arbeiter, sondern
lediglich die Preise, Mieten und Lebenserhaltungskosten steigen. Dazu
kommen diejenigen, die ihren niedrigen Lebensstandard nicht weiter
senken wollen, nur um dem millionenschweren Verkehrsunternehmen ihr
schwer verdientes Geld in den gierigen Rachen zu stopfen. Die Chefs
und Manager in den Führungsebenen gönnen sich dann damit ein Leben
in Luxus, selbst bei den unteren Etagen kommt schon nichts mehr davon
an – wie die Streiks der Lokführer beweisen – und beim Service
gibt es sowieso keine Verbesserungen, jedenfalls keine die wir
brauchen und die uns nützen.
Diese Verordnung reiht sich nahtlos ein
in eine volksfeindliche Politik, die einzig den Interessen der
Kapitalisten dient, wobei dem absoluten Großteil der Bevölkerung –
Jugendlichen, Schülern und Studenten, Arbeitern und Arbeitslosen –
das Geld abgeknöpft wird, sie zunehmend unter Druck gesetzt und
schließlich auch noch kriminalisiert werden.
Gefühlt jedes halbe Jahr erhöhen
Konzerne und Politik die Ticketpreise, als würden unsere Löhne und
Gehälter genauso steigen. Den Bonzen mag das eventuell nicht jucken
– für uns mit mehreren Jobs, Kindern, Familie, steigenden Mieten
und mit ohnehin schon kleinem Portemonnaie führt diese Ausplünderung
zu tatsächlichen Problemen.
Der Begriff “öffentlicher“
Personennahverkehr ist nichts als ein Witz, wenn man bedenkt, wie
viele Menschen Probleme dabei haben, den Weg zur täglichen
Ausbeutung im Betrieb, zur Schule, Uni oder den lästigen Weg ins
Jobcenter zu bezahlen. „Öffentlich“ heißt hier nichts anderes,
als offen für jene, die es sich leisten können. Und das werden bei
den ständig steigenden Fahrpreisen auch in Zukunft immer mehr nicht
können!
In Wahrheit ist diese Verordnung
nichts, als ein weiterer Angriff auf die Lebensverhältnisse der
Berliner und außerdem Teil der stetig wachsenden Unterdrückung
gegenüber den armen Teilen des Volkes.
Auf die Tatsache, dass immer mehr Leute
in Berlin kein Geld für einen Fahrschein haben und schwarzfahren,
reagieren BVG und S-Bahn mit vermehrten Fahrscheinkontrollen und dem
Einsatz von mehr Kontrolleuren.
Wir kennen sie alle, die angeheuerten
Klassenverräter, ob in Uniform privater Sicherheitsdienste oder in
Zivil, manchmal bei Großrazzien gegen die „schwerkriminellen“
Schwarzfahrer auch unterstützt von Bullen, die von früh bis spät
in S- und U-Bahn, Bus und Straßenbahn unterwegs sind um denen, den
es genauso schlecht oder noch ein ganzes Stück weit beschissener
geht, ein Bußgeld reinzudrücken. Kopfprämien für jeden, den sie
erwischen, sorgten lange Zeit dafür, dass sie ihre schmutzige Arbeit
energischer angehen. Sie kriegen einen beschissenen Lohn und zählen
in den meisten Fällen eigentlich selbst zu denjenigen, die ohne
diesen Job mit Sicherheit auch mal auf der anderen Seite der
Fahrscheinkontrolle stehen würden. Lasst nicht zu, dass eure Freunde
und Bekannte auch diesen Weg gehen!
Das Fahren ohne Fahrschein gilt als
Ordnungswidrigkeit, nach dem dritten mal innerhalb eines Jahres winkt
allerdings sofort eine Anzeige, was alleine bei der S-Bahn in Berlin
beispielsweise im Jahr 2013 fast 10 000 Mal vorgekommen ist. Und so
wundert es auch nicht, dass seit etlichen Jahren etwa ein Drittel der
Insassen der JVA in Berlin Plötzensee aus Schwarzfahrern besteht.
In diesem System werden Menschen hinter
Gitter gebracht, weil sie bestehende „öffentliche“ Infrastruktur
nutzen.
Sollen wir uns das alles einfach
gefallen lassen? Sollen wir uns auch noch unser letztes Geld aus der
Tasche ziehen lassen und es riskieren eingesperrt zu werden, falls
wir das nicht tun?
Der Widerstand des Volkes gegen seine
Unterdrücker und Ausbeuter ist gerecht und erzielt, wie Beispiele
aus anderen Ländern zeigen, selbst in diesem konkreten Fall der
Fahrpreiserhöhung seine Wirkung. Das funktioniert aber nur
organisiert und kämpferisch. Nachdem die Fahrpreise in Brasilien im
Jahr 2013 um umgerechnet etwa 7 Cent erhöht wurden, kam es in
mehreren Städten zu tagelangen, teils gewaltsamen Massenprotesten
mit tausenden Demonstranten, Bahnhofsbesetzungen und anderen
Aktionen, sodass die Herrschenden schließlich tatsächlich vor den
Forderungen der Massen kapitulierten und landesweit die
Fahrpreiserhöhung für Busse und U-Bahnen zurücknehmen mussten.
Auch wir sollten es nicht wort- und
tatenlos hinnehmen, wie sie uns Stück für Stück weiter ausnehmen
und kriminalisieren!
Gegen Lohnraub und Preistreiberei –
Kampf den Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr!
Das Fahren ohne Fahrschein in diesem
System, wo nur die Profite und die Macht der Reichen im Mittelpunkt
stehen, ist unser Recht!
Kämpft für eure Rechte und Interessen! Unterstützt euch gegenseitig! Freie Fahrt für die Arbeiterklasse!
Kommt zur Protestkundgebung:
„Wehrt euch gegen die Abzocke von BVG
und Bahn!“
Freitag – 10. Juli –
18 Uhr - Hermannplatz
Jugendwiderstand Berlin
Juli 2015