Berlin-Wedding: Leopoldplatz |
1. Mai im Wedding – kein Feiertag,
sondern Kampftag!
Ausbeutung im Job, Familie zu ernähren,
Miete zu hoch, Schwierigkeiten mit der Sprache, Schule zu schwer –
so ist die Realität vieler Weddinger. Berlin-Wedding, einer der
ältesten und traditionsreichsten Bezirke Berlins; einer der letzten
Bezirke, wo die arbeitende Bevölkerung lebt und Märkte und normale
Läden anstatt hippe Cafés, Künstlergalerien und Biomärkte das
Straßenbild beherrschen. Hoher Migrantenanteil und ein relativ
niedriger Lebensstandard, dafür (noch) bezahlbare Mieten und eine
funktionierende Infrastruktur machen den Wedding aus. Viele Familien
leben schon seit Jahrzehnten hier, doch wird das Wohnen auch hier
immer teurer und deutlich abzusehen sind die Pläne zur Umgestaltung
des Wedding zu einem „hipperen“ Teil von Berlin – immer mehr
Wohnungen und ganze Häuser werden saniert und als „lebendiger
Wohnraum in Berlin-Mitte“ für deutlich mehr Geld an reiche
Studenten u.Ä. vermietet. So wird es im Wedding immer weniger
Arbeiter-Migranten-Kieze geben, die Menschen werden in die
Außenbezirke vertrieben und müssen die gewohnte Umgebung aufgeben.
Die meisten Weddinger verdienen nicht annähernd genug, um sich die
steigenden Mieten leisten zu können.
Wir haben uns daran gewöhnt, solche
Sachen als normal anzusehen, und wenn uns die vielen Überstunden,
die schlechte Bezahlung, die Doppelbelastung im Job und im Haushalt
und die Perspektivlosigkeit fertigmachen – dann ist es zwar schwer,
aber nicht zu ändern. Oder man muss sich eben extra viel Mühe
geben, sich hocharbeiten, die Kinder studieren schicken, damit man es
„doch noch zu etwas gebracht hat“. Was man dabei oft übersieht,
ist, dass es kein Zufall ist.
Die meisten von uns arbeiten für ein
großes oder ein kleines, ein privates oder ein staatliches
Unternehmen. Und: Das erste und wichtigste Ziel eines Unternehmens
ist Profitsteigerung. Je mehr ein Arbeitgeber an den Arbeitskräften
spart, desto höher ist sein Profit. Und wenn die Arbeitskraft gerade
so viel bekommt, dass sie zufrieden genug ist, um nicht zu streiken
oder sich sonst wie gegen den Arbeitgeber aufzulehnen, dann sind alle
zufrieden, das Unternehmen und die Gesellschaft funktioniert und das
Geld fließt in die Taschen der Chefs.
Was uns heute als normal vorkommt und
als „Errungenschaften der Demokratie“ verkauft wird – wie z.B.
Sozialversicherungen, 8-Stunden-Tag, Versorgung bei
Arbeitsunfähigkeit etc. – wurde von den Arbeitern weltweit mit
viel Mut und großem Leid erkämpft. Bloß lernt man davon leider
nichts im Geschichtsunterricht und sieht es nicht in den Medien.
So hat auch der 1. Mai seine
Geschichte, die von unseren Vorgängern, Arbeitern am Ende des 19.
Jahrhunderts für uns geschrieben wurde. Damals streikten
Hunderttausende Arbeiter in Chicago für die Herabsetzung des damals
üblichen 12-Stunden-Tages auf 8 Stunden täglich. Die Polizei
versuchte, die Versammlungen der Streikenden gewaltsam aufzulösen
und begann in die Menge zu schießen. Viele Menschen wurden
erschossen, einige wurden verhaftet und zum Tode verurteilt. Die
internationale Arbeiterbewegung griff das Datum dieser Ereignisse auf
und wählte es zum Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse.
Roter Wedding grüßt euch
Auf Grund seiner sozialen
Zusammensetzung hatte Wedding und seine Bewohner schon immer diesen
Kampfgeist, an den wir heute erinnern wollen. Damals, zu Zeiten der
Nazi-Schreckensherrschaft, wohnten viele Widerstandskämpfer und
-Kämpferinnen in den Straßen und den Häusern, die wir heute
bewohnen. Die meisten von ihnen waren Kommunisten und wurden hart
verfolgt – ganz einfache Arbeiter, Lehrer, Sportler, Schüler und
Studenten haben für eine bessere Zukunft gekämpft und oft ihr Leben
für die nachfolgenden Generationen gegeben. Am Blutmai 1929, wo auf
einer 1.Mai-Demonstration die Polizei wahllos in die Menge schoss,
Wohnhäuser mit Maschinengewehren angriff und über Berlin ein
Ausnahmezustand verhängt wurde, bekannte Wedding Farbe: Rote Fahnen
wurden aus unzähligen Fenstern gehangen, aller politischen
Verfolgung und Unterdrückung zum Trotz. Das war kein Zufall: Die
Kommunistische Partei Deutschlands, die die Interessen der
werktätigen Bevölkerung vertrat, war im Wedding (im Jahre 1928 mit
40,2 %, wenig später sogar mit 47% Wählerstimmen) die stärkste
Partei. Heute sind es circa 40% der Weddinger Bevölkerung, nicht
wählen gehen. Und das zurecht: Seit dem Verbot der KPD und der
Zerschlagung der Arbeiterbewegung in Deutschland werden wir von den
Herrschenden nur verarscht, stärker (aber nicht mehr so
offensichtlich) ausgebeutet und niedergehalten!
Man kann nicht ewig wie ein Stück
Vieh leben!
Glaubt nicht die Lügen, die Bild, BZ
und Co verbreiten, die die Politiker euch jeden Tag erzählen, lasst
euch nicht gefallen wie sie euer Viertel zerstören, euch das Geld
aus der Tasche ziehen und sich mit dem, was eure Hände schaffen,
bereichern. Leistet Widerstand! Der 1.Mai ist mehr ist als nur ein
Feiertag in der Woche; er ist immer noch die Demonstration der Stärke
aller, die unter dem Kapitalismus leiden; hier in Deutschland und auf
der ganzen Welt.
Denkt nach, informiert euch, habt Mut
zu kämpfen, habt Mut zu siegen!
Rebellion ist gerechtfertigt!
Jugendwiderstand Berlin