1. Mai 2015

1. Mai-Flugblatt für Wedding

Berlin-Wedding: Leopoldplatz
1. Mai im Wedding – kein Feiertag, sondern Kampftag!

Ausbeutung im Job, Familie zu ernähren, Miete zu hoch, Schwierigkeiten mit der Sprache, Schule zu schwer – so ist die Realität vieler Weddinger. Berlin-Wedding, einer der ältesten und traditionsreichsten Bezirke Berlins; einer der letzten Bezirke, wo die arbeitende Bevölkerung lebt und Märkte und normale Läden anstatt hippe Cafés, Künstlergalerien und Biomärkte das Straßenbild beherrschen. Hoher Migrantenanteil und ein relativ niedriger Lebensstandard, dafür (noch) bezahlbare Mieten und eine funktionierende Infrastruktur machen den Wedding aus. Viele Familien leben schon seit Jahrzehnten hier, doch wird das Wohnen auch hier immer teurer und deutlich abzusehen sind die Pläne zur Umgestaltung des Wedding zu einem „hipperen“ Teil von Berlin – immer mehr Wohnungen und ganze Häuser werden saniert und als „lebendiger Wohnraum in Berlin-Mitte“ für deutlich mehr Geld an reiche Studenten u.Ä. vermietet. So wird es im Wedding immer weniger Arbeiter-Migranten-Kieze geben, die Menschen werden in die Außenbezirke vertrieben und müssen die gewohnte Umgebung aufgeben. Die meisten Weddinger verdienen nicht annähernd genug, um sich die steigenden Mieten leisten zu können.

Wir haben uns daran gewöhnt, solche Sachen als normal anzusehen, und wenn uns die vielen Überstunden, die schlechte Bezahlung, die Doppelbelastung im Job und im Haushalt und die Perspektivlosigkeit fertigmachen – dann ist es zwar schwer, aber nicht zu ändern. Oder man muss sich eben extra viel Mühe geben, sich hocharbeiten, die Kinder studieren schicken, damit man es „doch noch zu etwas gebracht hat“. Was man dabei oft übersieht, ist, dass es kein Zufall ist.
Die meisten von uns arbeiten für ein großes oder ein kleines, ein privates oder ein staatliches Unternehmen. Und: Das erste und wichtigste Ziel eines Unternehmens ist Profitsteigerung. Je mehr ein Arbeitgeber an den Arbeitskräften spart, desto höher ist sein Profit. Und wenn die Arbeitskraft gerade so viel bekommt, dass sie zufrieden genug ist, um nicht zu streiken oder sich sonst wie gegen den Arbeitgeber aufzulehnen, dann sind alle zufrieden, das Unternehmen und die Gesellschaft funktioniert und das Geld fließt in die Taschen der Chefs. 

Das wahre Gesicht ihrer Demokratie…

Was uns heute als normal vorkommt und als „Errungenschaften der Demokratie“ verkauft wird – wie z.B. Sozialversicherungen, 8-Stunden-Tag, Versorgung bei Arbeitsunfähigkeit etc. – wurde von den Arbeitern weltweit mit viel Mut und großem Leid erkämpft. Bloß lernt man davon leider nichts im Geschichtsunterricht und sieht es nicht in den Medien. 

So hat auch der 1. Mai seine Geschichte, die von unseren Vorgängern, Arbeitern am Ende des 19. Jahrhunderts für uns geschrieben wurde. Damals streikten Hunderttausende Arbeiter in Chicago für die Herabsetzung des damals üblichen 12-Stunden-Tages auf 8 Stunden täglich. Die Polizei versuchte, die Versammlungen der Streikenden gewaltsam aufzulösen und begann in die Menge zu schießen. Viele Menschen wurden erschossen, einige wurden verhaftet und zum Tode verurteilt. Die internationale Arbeiterbewegung griff das Datum dieser Ereignisse auf und wählte es zum Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse. 

Roter Wedding grüßt euch

Auf Grund seiner sozialen Zusammensetzung hatte Wedding und seine Bewohner schon immer diesen Kampfgeist, an den wir heute erinnern wollen. Damals, zu Zeiten der Nazi-Schreckensherrschaft, wohnten viele Widerstandskämpfer und -Kämpferinnen in den Straßen und den Häusern, die wir heute bewohnen. Die meisten von ihnen waren Kommunisten und wurden hart verfolgt – ganz einfache Arbeiter, Lehrer, Sportler, Schüler und Studenten haben für eine bessere Zukunft gekämpft und oft ihr Leben für die nachfolgenden Generationen gegeben. Am Blutmai 1929, wo auf einer 1.Mai-Demonstration die Polizei wahllos in die Menge schoss, Wohnhäuser mit Maschinengewehren angriff und über Berlin ein Ausnahmezustand verhängt wurde, bekannte Wedding Farbe: Rote Fahnen wurden aus unzähligen Fenstern gehangen, aller politischen Verfolgung und Unterdrückung zum Trotz. Das war kein Zufall: Die Kommunistische Partei Deutschlands, die die Interessen der werktätigen Bevölkerung vertrat, war im Wedding (im Jahre 1928 mit 40,2 %, wenig später sogar mit 47% Wählerstimmen) die stärkste Partei. Heute sind es circa 40% der Weddinger Bevölkerung, nicht wählen gehen. Und das zurecht: Seit dem Verbot der KPD und der Zerschlagung der Arbeiterbewegung in Deutschland werden wir von den Herrschenden nur verarscht, stärker (aber nicht mehr so offensichtlich) ausgebeutet und niedergehalten!

Man kann nicht ewig wie ein Stück Vieh leben!

Glaubt nicht die Lügen, die Bild, BZ und Co verbreiten, die die Politiker euch jeden Tag erzählen, lasst euch nicht gefallen wie sie euer Viertel zerstören, euch das Geld aus der Tasche ziehen und sich mit dem, was eure Hände schaffen, bereichern. Leistet Widerstand! Der 1.Mai ist mehr ist als nur ein Feiertag in der Woche; er ist immer noch die Demonstration der Stärke aller, die unter dem Kapitalismus leiden; hier in Deutschland und auf der ganzen Welt.
Denkt nach, informiert euch, habt Mut zu kämpfen, habt Mut zu siegen!

Rebellion ist gerechtfertigt!

Jugendwiderstand Berlin