Keine Auslieferung an die Türkei – Freiheit für Muzaffer Acunbay!
Muzzafer Acunbay ist ein Revolutionär aus der
Türkei/Nordkurdistan. Und er ist eigentlich auch anerkannter politischer
Flüchtling in der Schweiz. Trotzdem sitzt er seit nunmehr über sechs Monaten in
Griechenland im Gefängnis und ihm droht überdies noch die Auslieferung an die
Türkei, vor deren reaktionärer Verfolgung er damals floh.
In den 1990er Jahren wurde Muzzafer wegen Mitgliedschaft in
der verbotenen Kommunistischen Partei der Türkei / Marxistisch-Leninistisch
(TKP/ML) festgenommen und noch während der Vernehmung durch die Staatsbüttel
schwer misshandelt und gefoltert. Es folgte eine Verurteilung zu lebenslanger
Haft und viele Jahre „Gefängnisaufenthalt“, wie es seit jeher unzähligen Kommunisten, Revolutionären und
fortschrittlichen Aktivisten in der Türkei ergeht, die der reaktionäre
türkische Staat physisch und psychisch brechen will. Schließlich wurde er wegen
seines überaus schlechten Gesundheitszustandes infolge eine Hungerstreiks
vorübergehend freigelassen.
Im Jahre 2003 floh er in die Schweiz, wo im folgenden Jahr
auch sein Asylgesuch als politischer Flüchtling anerkannt wurde. So lebte er
dort seit zehn Jahren.
Am 20. Juli letzten Jahres wurde er dann in Orestiada in
Griechenland bei der privaten Einreise in das Land auf Grundlage eines
internationalen Haftbefehls der Polizeibehörde INTERPOL vom griechischen Zoll
festgenommen. Und das obwohl sich Muzzafer vor der Griechenlandreise
vorsorglich bei Schweizer Behörden erkundigt hatte, ob ein solcher Haftbefehl
gegen ihn vorläge - was diese verneinten.
Seitdem sitzt er in griechischen Knästen und wartet auf ein
Urteil, wie weiter mit ihm verfahren werden wird. In Griechenland sitzen neben
vielen politischen und sozialen Gefangenen aus der eigenen revolutionären
Bewegung auch einige türkische Sozialisten
im Gefängnis und immer wieder gibt es Repressionsschläge gegen vermeintliche
oder tatsächliche Auslandsstrukturen türkischer revolutionärer Parteien und
Organisationen.
Am 7. November 2014 stimmte ein griechisches Gericht seiner
Auslieferung an die Türkei zu. Daraufhin gab es in der folgenden Woche
europaweit vom Migrantenverband ATIK und Unterstützern organisierte
Kundgebungen vor griechischen Konsulaten und Botschaften, so in der Schweiz
(Zürich, Bern, Basel), der BRD (Berlin, Stuttgart, Hamburg, Frankfurt) und
Österreich (Wien), aber auch in Frankreich, Großbritannien und den
Niederlanden.
Auf diesen wurde seine sofortige Freilassung und
Überstellung in die Schweiz gefordert und darauf hingewiesen, dass die
Herrschenden mit dem Urteil ihrer Klassenjustiz im Fall Acunbay, wie so oft,
gegen ihre eigenen bürgerlichen Gesetze verstießen. Denn nach der Genfer
Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen von 1951 ist es unzulässig, einen
anerkannten politischen Flüchtling an das Land, aus dem er aufgrund politischer
Unterdrückung und Verfolgung geflohen ist, auszuliefern.
Außerdem machten die Kundgebungen darauf aufmerksam, dass
Muzaffer im Falle einer Auslieferung nicht nur eine lebenslange Haft, sondern
auch menschenunwürdige Isolation, völlig unzureichende medizinische Versorgung
bis hin zu erneuter Folter erwarteten.
Durch den durch die Solidarität erzeugten Druck wird der
Fall aktuell erneut verhandelt und es ist zeitnah mit einem neuen Urteil zu
rechnen, das Muzaffer hoffentlich ermöglicht die nach türkischem und somit nach
deutschem Vorbild (Stammheim) umgebauten griechischen Knäste endlich zu
verlassen und in seine neue Heimat zurückzukehren.
De facto befinden sich die verschiedenen Regimes der
Kompradorenbourgeoisie und des bürokratischen Kapitalismus der Türkei
spätestens seit den aufkeimenden Arbeiter-, Bauern- und Studentenbewegungen der
späten 60er-Jahre im Kriegszustand mit Teilen des Volkes und seinen kämpfenden
Organisationen. Auch wenn dieser Fakt erst mit den Taksim- und Geziparkunruhen
auch wieder verstärkt im breiteren Bewusstsein der radikalen Linken der
imperialistischen Länder ankam, so war es doch nie anders und es sitzen
konstant tausende Gefangene der verschiedenen revolutionären Parteien,
Volkswiderstandsbewegungen und der nationalen Befreiungsbewegung ein und es
kommen ebenfalls konstant immer neue hinzu.
Muzzafer Acunbay wurde damals verurteilt, Mitglied der
TKP/ML zu sein. Die TKP/ML ist eine marxistisch-leninistisch-maoistische Partei
die 1972 von Ibrahim Kaypakkaya im Alter von erst 23 Jahren gegründet wurde und
seitdem an der Entwicklung der neudemokratischen Revolution arbeitet und
demzufolge immer wieder harten Attacken des reaktionären türkischen Staats
ausgesetzt ist. Ihr bewaffneter Apparat ist die Arbeiter- und Bauern
Befreiungsarmee der Türkei, TIKKO.
Kaypakkaya, der bis heute als kommunistischer Führer und
Vorbild der unbeugsamen Jugend, des Widerstands und des revolutionären Wegs zum
Sozialismus in der Türkei, Kurdistan und darüber hinaus verehrt wird, steht
wohl exemplarisch für den Umgang der weiterhin vom Imperialismus abhängigen
Türkei mit revolutionären Gefangenen: Nachdem er nach einer bewaffneten Aktion
1973 in Gefangenschaft des Feindes geriet, und auch nach Monaten der Folter,
der Verkrüppelung und des Verhörs standhaft blieb, nichts über die Partei
verriet und sich nicht brechen ließ, wurde er von seinen Kerkermeistern
hingerichtet und seine Leiche geschändet, noch bevor überhaupt ein
Scheinprozess ihm die Möglichkeit gegeben hätte, das Gericht zu einer Plattform
seiner revolutionären Ansichten und Überzeugungen zu machen. Das Buch über sein
Leben „Blutiger Mai“ ist folgerichtig in der Türkei bis heute verboten.
Doch wie formulierte es die TKP/ML anlässlich des 40.
Todestags von „Ibo“?
„Überall wo es Widerstände und Kämpfe gibt, lebt und kämpft Ibrahim Kaypakkaya weiter!“
Also kämpft auch in diesem Sinne weiter für die Freiheit von Muzzafer Acunbay und aller politischen Gefangenen!
„Überall wo es Widerstände und Kämpfe gibt, lebt und kämpft Ibrahim Kaypakkaya weiter!“
Also kämpft auch in diesem Sinne weiter für die Freiheit von Muzzafer Acunbay und aller politischen Gefangenen!
Jugendwiderstand Berlin, Gefangenen Info Nr. 390 von Januar/Februar 2015
TMLGB - Die Jugendorganisation der TKP/ML |