Zwar nicht ganz Neukölln, aber es passt trotzdem. Während sich in unserem Viertel Leute als Juden verkleiden und als „Kippa-Flashmob“ mit Israelflaggen versuchen in der arabischsten Straße des Viertels die Neuköllnerinnen und Neuköllner zu provozieren, von denen ein großer Teil eben wegen dieser Fahne geflohen ist oder aus seiner Heimat vertrieben wurde, zu einer Zeit, in der der israelische Staat wiedermal dutzende palästinensische Demonstranten an seiner künstlichen Grenze kaltblütig abschießt wie Vieh, kam es im Prenzlauer Berg zu einer ganz ähnlichen Inszenierung.
Zwei Leute laufen die Straße entlang, einer hat sich aus „experimentellen“ Gründen ein Kippa – die religiöse Kopfbedeckung der Juden – aufgesetzt. Er ist kein Jude, sondern zionistischer Druse. Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit syrisch-arabischen Flüchtlingsjungs – die Kamera der „Experimentierer“ ist gezückt, eine passende Zeugin ist auch am Start. Am nächsten Tag ist der Skandal perfekt und alle Zeitungen voll, eine vermeintlich antisemitismus-kritische, in Wahrheit jedoch rassistisch konnotierte, fremdenfeindliche und pro-zionistische Welle rollt durch die bürgerlichen Medien und die rechten Feuilletons des Landes.
Das Ergebnis: Weil er mit leichten Gürtelschlägen auf Beleidigungen reagierte, wurde ein 19-Jähriger medial verhetzt und dafür direkt in U-Haft gesteckt. Die Strafmaße in dieser sich faschisierenden Republik sind nur noch krank – gerade wenn mediales Interesse besteht, oder zumindest vorgegaukelt wird.
Während man bei den NSU-Mörderprozessen seit vielen Jahren wartet und nichts vorankommt und passiert, außer das ein Zeuge nach dem anderen mysteriös krepiert, wurde dieser „bedeutende“ Fall sehr zügig verhandelt und nun ein Urteil gefällt.
Doch wer hat die Auseinandersetzung ausgelöst? Selbst in dem dem Gericht vorliegenden Video – das natürlich nicht die Vorgeschichte des Vorfalls zeigt – hört man wie der spätere „Täter“ – der syrische Junge – auf arabisch fragt, warum das spätere „Opfer“ ihn beleidigt. Am Tag nach der Tat haben sich auch Zeugen gemeldet, die aussagten, sie haben gehört wie das „Opfer“ den „Täter“ aufforderte das Land zu verlassen und ihn im Anti-Flüchtlings-Stil und mit Schimpfworten („Hurensohn“) beleidigt. Von diesen Zeugen hört man nur seit einer Weile nichts mehr in den Medien.
Auch der Anwalt des vermeintlichen „Täters“ glaubt an eine Inszenierung für die Politik.
Es war ein gefilmtes Experiment, bei dem die gewünschten Ergebnisse gezielt provoziert und produziert wurden - auf Kosten eines ganz normalen 19-Jährigen, der sich auf der Straße nicht beleidigen lassen will (auch wenn es im Gegenzug natürlich nicht korrekt ist die „Rasse“, Nationalität oder Religion eines anderen herabzuwürdigen oder zu verspotten, aber so läuft das verbale hin und her auf der Straße eben). Und die Zionismus-Lobby macht daraus einen Riesen-Pseudoskandal und eine Betroffenheitsinszenierung mit tausenden Vollidioten und den Medien, die natürlich nichts wichtigeres zu berichten haben – denn sonst geht es ja allen gut, in diesem Land.
Mit den zwei Monaten Untersuchungs-Haft in denen der Junge nun saß gilt die vom Gericht verhängte Strafe von vier Wochen Jugendarrest als verbüßt. Wie gnädig. Der „Zentralrat der Juden“ und die BILD sind zufrieden. Wir nicht. Der Junge sollte eigentlich eine fette Entschädigung für die U-Haft und Anerkennung dafür bekommen, dass er sich nicht alles gefallen lässt.
Artikel entnommen von "Rotes Neukölln". 2. Juli 2018